96 schießt Frankfurt fast stereotypisch ab

Stereotypisch spulte zunächst SGE-Manager Heribert Bruchhagen  in der Halbzeitpause die schon seit Mitte der Woche eingeübte Frankfurter Sprachregelung von den vielen Verletzten und der neu formierten Abwehrreihe ab. Und in der Tat war die Abwehr der Frankfurter Eintracht, die mit dem Sieg im Alanya-Cup gerade den größten Erfolg seit der „Groteske von Glasgow“ gefeiert hatte, mit Hannovers Vorstößen am Sonntag überfordert.  Vor allen drei Toren wurde der zum Innenverteidiger umfunktionierte Richard Clark von seinen hannoverschen Gegenspielern Abdellaoue, Schulz und Ya Konan derart gnadenlos ausgekocht, dass sich mancher die Frage gestellt haben mag, warum die Eintracht nicht gleich ihren ehemaligen Jugendspieler Deaon Maxwell aufgeboten hat – dieser hatte am Samstag Abend immerhin Stefan Raab in seiner TV-Show „Schlag den Raab“ im Fußballtennis deutlich besiegen können. Das schwache Bild der Frankfurter Innenverteidigung wurde vom Linksverteidiger Tzavellas komplettiert, der zwar dank des zuweilen kleinlichen Schiedsrichters Kinhöfer alle gefühlten 90 Sekunden einen Freistoß in Richtung 96-Gehäuse schlagen durfte, ansonsten aber vor allem durch schwaches Passspiel auf sich aufmerksam machen konnte.

Doch wäre es natürlich deutlich zu kurz gesprungen, würde man die Frankfurter Niederlage nur auf die schwache Abwehrleistung zurückführen. Hannover hatte die Eintracht in geradezu stereotypischer Manier abgefertigt, mit weniger Ballbesitz, weniger erfolgreichen Pässen und weniger gewonnenen Zweikämpfen. Wie so häufig in dieser Saison entschied 96 stattdessen die wichtigen Zweikämpfe für sich, suchte dann den direktesten Weg zum Tor und hatte vorne drin mit Ya Konan und Abdellaoue zwei Stürmer, die diesen Weg auch finden können. Ein Musterbeispiel hierfür war das 1:0, als Pinto nach einem Fehler Köhlers den Ball sofort in die Spitze zu Abdellaoue passte, der sich gegen den überforderten Clark durchsetzte und zur Führung für die Roten einnetzte. Die Art und Weise, in der Hannovers Sieg zustande kam, war so wenig überraschend, dass es einen schon wieder überraschen musste. Müsste man jemandem die Stärken von Hannover 96 in dieser Saison erklären, man könnte ihm die Partie gegen Eintracht Frankfurt zeigen und er wüsste ziemlich gut Bescheid.

Nicht nur die Stärken, auch Hannovers typische Defizite konnte man trotz des im Großen und Ganzen ungefährdeten 3:0-Sieges gut studieren. Dem 96-Mittelfeld fehlt es oftmals noch an Ball- und Passsicherheit. Die vielen Fehlpässe können nicht allein damit erklärt werden, dass 96 überproportional häufig Risikopässe spielt. Selbst der ansonsten starke Sergio Pinto hatte gegen Frankfurt einige leichtfertige Ballverluste, die gegen eine besser aufgelegte Mannschaft hätten gefährlich werden können. Zu viele aussichtsreiche Situationen lässt 96 zudem noch liegen, teils ist man zu unkonzentriert, teils werden situativ falsche Entscheidungen getroffen oder es fehlt schlicht am technischen Vermögen. Hier besteht noch Luft nach oben: Gerade einmal 85 Torchancen hat 96 in dieser Saison bisher herausgespielt, nur Wolfsburg ist in der 1.Bundesliga in dieser Hinsicht schlechter. Jedenfalls sollte die schlechte Passquote nicht zu einem Qualitätsmerkmal des hannoverschen Mittelfelds umgedeutet werden.

Typisch war das 96-Spiel einerseits, andererseits gab es auch Neues, was man bei den Roten in dieser Saison zuvor noch nicht gesehen hatte. Etwa mit Ron-Robert Zieler einen Torhüter, der so etwas wie Strafraumbeherrschung andeutete. Slomka hatte mit der Aufstellung Zielers die hier aufgeworfene Frage, ob 96 weiterhin auf Fromlowitz bauen soll, erstaunlich schnell zulasten des bisherigen Stammtorwarts beantwortet. Zieler war nach eigener Aussage vor seinem ersten Bundesligaeinsatz nervös, was man ihm zu Beginn der Partie auch ansah, ohne dass er sich jedoch Unsicherheiten leistete. Im Laufe des Spiels wirkte er immer sicherer und hielt seinen Kasten sauber –  hatte allerdings auch keine Bälle zu parieren, die er nicht hätte halten müssen. Gegen Schalke 04 wird Zieler zu Recht wieder im 96-Tor stehen.

Neu war gegen Frankfurt auch, dass von Kocka Rausch getretene Standards zu Torgefahr führten. Im Trainingslager in der Türkei hatte man laut Slomka neue Laufwege für Standardsituationen einstudiert. Dies zahlte sich gegen Frankfurt aus. Die Ecke zum 2:0 durch einen Kopfball von Schulz drehte Rausch schön in den Frankfurter Strafraum. Unmittelbar zuvor hatte Nikolov nach einem gut ausgeführten Freistoß von Rausch den Kopfball von Pogatetz noch zur Ecke lenken können. Auch bei den weiteren Standards konnte man nicht meckern, Ecken auf Kniehöhe musste man sich nicht ansehen.

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