Warum wir Ron-Robert Zieler lieben

Schalke 04 soll er laut Bild 5 Millionen Euro Ablöse wert sein, was Martin Kind allerdings kaum mehr als ein müdes Lächeln abringen kann. Jogi Löw schwärmt, dass 96 einen super Torhüter hat, der klasse mitspielt. Manch einer spekuliert sogar schon, dass er bald im Tor der deutschen Nationalmannschaft stehen könnte. In einem Satz: Alle finden Ron-Robert Zieler gut.

Wir 96-Fans hatten Zieler schon nach seinem ersten Bundesligaspiel, dem 3:0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt, lieb gewonnen. Gesehen hatten wir einen Torwart, der nicht dabei zuschaut wie ihm der Ball aus fünf Metern ins Tor geköpft wird, sondern an jedem Fleck des Strafraums hohe Bälle herunterpflückt und wegfaustet. Auch mit dem Fuß konnte er durchaus mit dem Ball umgehen. Fraglos kein reiner Fünfmeterraumheld deutscher Provenienz, sondern ein moderner Torwart, hervorragend ausgebildet beim europäischen Großklub Manchester United.

Wie schön das klingt – Manchester United. Schon als wir im Kicker-Sonderheft unter der Rubrik Zugänge Ron-Robert Zieler, in Klammern Manchester United lasen, beflügelte dies unsere Phantasie. Dass Zieler dort nach einer Verletzung zuletzt für die Nachwuchsmannschaft nicht zum Einsatz gekommen war, blendeten wir aus und waren schon vor dem ersten Bundesligaeinsatz sicher, ein riesen Torwarttalent verpflichtet zu haben. Nun sahen wir gegen Frankfurt diesen langen Schlacks mit seiner ruhigen Abgeklärtheit, seinem für einen jungen deutschen Torhüter untypischen modernen Torwartspiel und dachten Edwin van der Sar. Und ein wenig, ganz leise und heimlich dachten wir auch Robert Enke.

Ganz anders war dies gewesen bei Florian Fromlowitz, den Zieler zur Winterpause im Tor von Hannover 96 abgelöst hatte. Nichts wollten wir falsch machen, keinesfalls Fromlowitz an den Leistungen von Robert Enke messen und unterstützten ihn brav, aber ohne Begeisterung. Über Unsicherheiten und Fehler waren wir bereit hinwegzusehen. Gegenseitig versicherten wir uns, einen schon jetzt überdurchschnittlichen Bundesligatorwart mit Entwicklungspotential zwischen den Pfosten zu haben und konnten doch seine Probleme bei der Strafraumbeherrschung kaum übersehen. Eigentlich gefiel uns seine zappelige Art nicht, doch dann dachten wir wieder daran, was wir uns nach dem Tod Robert Enkes vorgenommen hatten, dachten auch etwas an das emotionale Saisonfinish in Bochum und schämten uns für unsere Vorbehalte gegen Fromlowitz. Dabei ging es uns nur wie Ronald Reng, der in einem Interview mit der HAZ bekannte, dass ihm eine Verpflichtung José Moreiras, der bei Benfica Lissabon eine Art kleiner Torwartbruder Enkes gewesen sei, durch Hannover 96 etwas bedeutet hätte. Insgeheim wünschten auch wir uns einen kleinen Torwartbruder Enkes bei Hannover 96 –  maßregelten aber jeden streng, der auch nur im Ansatz so etwas zu formulieren wagte.

Wo unser Verhältnis zu Fromlowitz anstrengend, vielleicht sogar irgendwie verklemmt war, war Zieler uns sofort sympathisch. Er und sein modernes Torwartspiel gefielen uns von Anfang an. Und wurde nicht auch Enke stets für seine vergleichsweise moderne Interpretation der Torhüterposition gelobt? War nicht schon der junge Enke – von seinen Versagensängsten wusste die Öffentlichkeit damals nichts – für seine ungewöhnliche Ruhe und Abgeklärtheit bewundert worden? Natürlich würde eine genauere Analyse der Torhüter Enke und Zieler weniger Ähnlichkeiten als Unterschiede zutage bringen. Etwa blieb Enke trotz seiner Auslandsstationen im Wesentlichen immer von seiner traditionell-deutschen Torwartausbildung geprägt. Nur verteilt man eben seine Zuneigung nicht immer nach vernünftigen Kriterien. Man traut es sich kaum hinzuschreiben, aber uns ließ wohl auch der Vorname Ron-Robert und der zweisilbige Nachname Zieler bei der Zuteilung unserer Sympathien nicht unberührt.

Zieler hat eine starke Rückserie für Hannover 96 gespielt, dies belegen nicht zuletzt die einschlägigen Statistiken. Mit schwachen Leistungen wäre er weder Stammtorwart bei 96 geblieben noch hätte er eine solch große Beliebtheit bei uns Fans erlangt. Unsere Zuneigung für Ron-Robert Zieler hat aber nicht nur mit 85 % abgewehrten Torschüssen in zwölf Bundesligaspielen zu tun.

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