Etwas missmutig stand ich im August 2010 im Block N8 des Unterrangs der Nordkurve. Das Pokalaus gegen einen Viertligisten hatte die nach dem Schlussspurt der letzten Saison aufgekommene 96-Euphorie im Keim erstickt. Abzufinden hatte ich mich zudem damit, dass es außer mir in meinem Bekanntenkreis offenbar niemand für altersangemessen hielt, sich Sitzplätze, etwa auf der Osttribüne direkt hinter den Trainerbänken zu sichern. Doch mussten wir unsere Dauerkarten auch gleich noch für den schlechtesten Block im ganzen Stadion kaufen? N8 erschien mir weder Fisch noch Fleisch: Der Support zu mau, um nicht von den Ultras als genauso uncool wie der Langnese-Familienblock angesehen zu werden, die Sicht zu bescheiden für einen gediegenen Fußballgenuss. Das gilt zwar im Prinzip auch für die Randblöcke auf der Westseite der Nordkurve, nur blendet einen da wenigstens nicht die Sonne bei jeder Jahreszeit ziemlich genau bis Schlusspfiff.
So in etwa knurrte ich vor mich hin – und würde vielleicht noch heute nach einer miesen Saison 2010/11 herummaulen, wenn Fankollege Olli mir nicht frühzeitig eine andere Sicht der Dinge verklickert hätte. „Das ist unser Sonnendeck“, erklärte Olli.
Sonnendeck, das war zunächst ein heiterer Gedanke – später dann verstand ich und 96 verlor praktisch so gut wie gar nicht mehr. Mad Dog bellte die Gegner weg, Schulle grätschte wie man’s in den seligen 80ern tat, Kocka rannte wie Forrest Gump, Pinto dominierte das Mittelfeld, Didi trickste jeden Verteidiger aus, Moa knipste stone cold. Wer 10 Sekunden wegschaute, hatte das nächste Tor der Roten zumeist schon wieder verpasst. Das Stadion war immer voll und die Stimmung stets prächtig, die Biere waren kühler und die Fans sangen lauter. Und egal zu welcher Jahreszeit, immer, wirklich immer schien uns auf dem Sonnendeck der Bundesliga die Sonne ins Gesicht.